Bickendorfforschungen – Untersuchungen im Veedel
Gefördert durch das Land NRW
Nunmehr, bereits seit über einem Jahr, Untersuchungen zum Narrativ des Viertels. Ich wohne dort.
Bickendorf ist beschaulich
Bickendorf ist das Dorf in der Stadt
Bickendorf ist nicht die Rochusstraße (sagte mir eine Person)
Bickendorf ist nicht entsiegelt.
Bickendorf wird wohl keinen Dorfteich bekommen.
Politik und Verwaltung möchten dies nicht.
Die Rückkehr der Magie
findet nicht statt.
Aber wir kämpfen
für eine Art
Restmagie!
Als Kern meiner Forschungen kristallisierte sich die Idee des Dorfteiches heraus. Eine Rekonstruktion an originaler Stelle, integriert in einen neuen Schulbau. Ökologie trifft auf Pädagogik. Der Gedanke wäre auch sehr eng mit dem Vorhaben einer Kölner Schwammstadt verknüpft, zudem Klimaresilienz, Biodiversität, Schatten, Grundwassermanagement…
… doch in Verwaltung und Politik hat sich keine Allianz für diese Ideen gefunden. Doch mit über 70 MitstreiterInnen wird weiter versucht, etwas vom Vorhaben zu retten, auch um den Hochwasserschutz des Viertels entscheidend zu verbessern.
Nebenbei ist das gesamte Vorhaben ein Leerstück für gelebte (Nicht)Mitbestimmung und bürgerschaftliche (Nicht)teilhabe am Gestaltungsprozess eines Veedels.
Ende 2023 hat es noch einige Treffen gegeben, aber auch diese blieben im Grunde ohne Ergebnis, bzw. Politik und Verwaltung gingen auf keinen unserer Vorschläge ein. Vom Teich hatten wir und längst verabschiedet. Es ging nur noch darum möglichst viele temporäre Flutflächen für den Starkregenfall zu sichern. Lediglich eine Prüfung unserer Anregungen wurde vage in Aussicht gestellt.
Trotzdem hier der schöne, damals hoffnungsvolle Dorfteichtext von vor einem Jahr:
Text 1 – Wohin mit einem Dorfteich?
Ein zukünftiger Dorfteich in Bickendorf wäre eine wunderbare Angelegenheit. Schon der Name des Viertels leitet sich wahrscheinlich von „Bec“ – „Becke“ – „Beck“ ab, sämtlich alte Bezeichungen für Bach. Ein solcher ist vor langer Zeit durch den kleinen Ort geflossen. Mit seinem Wasser speiste er wahrscheinlich zwei Tümpel. Einer davon lag wohl dort, wo heute der Brunnen „Treuer Husar“ (Bickendorf I) steht. Der zweite, größere Teich lag gemäß alter Karten an der Subbelrather Straße, hinter dem Lindweiler Hof (heutiges Schulgelände). Dort läßt das Gelände einen Teich nebst Gutshof nur heute schwer erahnen, aber die benachbarte Teichstraße erinnert noch an das immerhin erst kurz nach 1900 zugeschüttete Dorfgewässer. Und genau dort, am tiefsten Punkt des Bickendorfer Kanalsystems, ist bei Starkregen ein Art Naturschauspiel wider Willen des Menschen zu beobachten. Wenn die Regenflut das Fassungsvermögen der Überlaufbecken an der Inneren Kanalstraße übersteigt, quillt das Nass aus den Gullis und Kanälen hervor und flutet die Teichstraße und Teile der Subbelrather Straße gleich mit. Regelmäßige Schlagzeilen sind den dann kurzzeitig auf Boote angewiesenen Anwohnern gewiss. Bereits wenige Stunden nach der Flut beginnt das große Aufräumen, denn der „Teich“ verschwindet fast so rasch wie gekommen ist. Es ist eine Art spontaner Kurzzeitweiher, zusammengesetzt aus Regen- und Schmutzwasser.
Seit dem letzten Hochwasser 2021 haben viele Menschen damit begonnen ihre Immobilien durch regelrechte Stauwehre zu schützen. Neben diesen privaten Initiativen sind auch städtische Überlegungen zur Verbesserung der Situation angedacht. Der aktuelle Stand der Planungslage wird jedoch nicht besonders aktiv in die Bürgerschaft kommuniziert und so kann sich jeder seine Gedanken machen. Immerhin hat es 2021 nach dem Starkregen im Viertel sehr zügig eine Informationsveranstaltung der städischen Abwasserbetriebe gegeben. Man konnte erfahren, dass Bickendorf in einem alten Rheinarm liegt. Während heftiger Regenfälle wirkt sich diese Muldensituation ungünstig auf das Fassungsvermögen der Kanäle aus. An der Subbelrather Straße schaffen Hochleistungspumpen das Bickendorfer Kanalwasser hinauf in die bereits erwähnten Überlaufbecken an der Inneren Kanalstraße. Zu Normalzeiten leistet dieses hochtechnisierte Entwässerungssystem gute Dienste.
Leipzig
Vor Jahren hatte ich auf einem Symposium zum Thema Kanalbau ein Gespräch mit einer Dame aus der Leipziger Stadtverwaltung. Wir sprachen über Kanalsysteme mit eigenst zum Spülen vorgehaltenen Wasservorräten. Kostbares Regenwasser wäre in diesem Modell gar nicht mehr obligatorisch notwendig und könnte anders nutzbar gemacht werden. Leipzig, so die Dame, hätte in dieser Richtung bereits Fortschritte gemacht. Nun, etwa ein Jahr nach der großen Regenflut, erinnerte ich mich an jene Unterhaltung und begann die Website der Stadt Leipzig neugierig zu durchstöbern. Nach wenigen Klicks laß ich zum Thema Starkregen folgenden Satz:
„Sinnvoller ist es, das Oberflächenwasser großer Regenereignisse gezielt auf unkritische Freiflächen zu lenken und deren zeitweise Überflutung in Kauf zu nehmen. Zudem gilt es, sich durch gezielte Objektschutzmaßnahmen vor Starkregenereignissen zu schützen.“ (Website Stadt Leipzig 13.07.2022)
So verünftig klang dieses Konzept, dass mir sofort wieder ein Dorfteich als neue Flutfläche in den Sinn kam. Freudig griff ich am 13.07.2022 gegen 14.00 Uhr zum Telefonhörer, um in Erfahrung zu bringen, ob Leipzig tatsächlich über ein vom Regenwasser abgekoppeltes Spülsystem für Kanäle in Verbindung mit zu flutenden Freiflächen, vielleicht gar über Teiche in seinen Stadtvierteln verfügte. Während ich in die Leitung horchte fiel mir noch ein, dass in Leipzig dem „neuen Berlin“ selbstverständlich alles innovativ sein müsse. Das erste Gespräch blieb ohne Ergebnis, jedoch stellte man mich direkt an die zuständige Stelle durch und so hoffte ich binnen weniger Minuten über die Kanalneuheiten der Stadt und selbstverständlich ebenso über Teiche informiert zu werden. Es wurde abgehoben. Mein Anliegen war rasch erklärt, Pause in der Leitung. Dann eröffnete mir die Dame, dass Leipzigs Rinnen und Röhren natürlich mit Regenwasser gespült würden, es aber an großflächig versiegelten Stellen, etwa auf dem Messegelände, Zisternen zum Auffangen großer Wassermassen gäbe. Doch auch diese Kontingente landeten irgendwann im herkömmlichen Kanal. „Zum extra Blümchen- und Bäumchengießen“, Originalzitat, wäre weder Geld noch Zeit vorhanden, auch gäbe es definitiv kein vom Regen abgekoppeltes Spülsystem. Auf Teiche habe ich die ob meines Anliegens etwas amüsiert klingende Dame an diesem Nachmittag nicht mehr angesprochen.
Traum
Der Dorfteich bleibt zunächst eine Vision. Dabei sind Dorfteiche nicht nur Fantasiegebilde. In manchen Dörfern existieren Dorftteiche durchaus. Zumeist sind es übrig gebliebene Relikte einer vergangenen Zeit. Etwas Romantisches hängt ihnen an. Auf ihnen schwimmen weiße Enten, Frösche quaken und der seltene Rohrkolbensänger zwitschert im Wind wiegenden Schilf. Doch rasch fliegt er davon, wenn die Dorfjugend zum Baden lärmend und johlend heranrückt. Abends herrscht wieder Stille. Der Blutweiderich steht kräftig in Blüte. Libellen surren herum.
Bickendorf
Bickendorf ist kein richtiges Dorf mehr. Die Gutshöfe sind längst abgebrochen. Selbstverständlich sind der kommerzielle Ackerbau wie auch die Viehzucht verschwunden. Auch war der Dorfteich zu Beginn des 20. Jahrhunderts offenbar längst kein idyllisches Gewässer mehr. Gemäß eines Zeitungsartikels von 1902 war jener auch „Kradepohl“ genannte Weiher eher eine Kloake in der neben Mistjauche auch tote Hunde und Katzen herumschwammen. Sogar menschliche Fäkalien fanden ihren Weg in den Weiher. Bickendorf war noch nicht vollständig an das Kanalnetz angeschlossen. 1901 brach in der Feltenstraße Typhus aus! Die Dorfjugend badete trotzdem im „Seuchen-Weiher“. Alles sehr unvorstellbare Zustände. Natürlich wurde der Weiher zugeschüttet. Natürlich sind Hunde und Katzen heute keine Gebrauchsgegenstände bäuerlichen Wirtschaftens. Es sind liebevoll umhegte Mitgeschöpfe. Die Bickendorfer Katze streift 2022 jagend durch die vielen Hausgärten. Der zeitgenössische Bickendorfer Hund wird in den Parks ausgeführt. Niemand käme auf die Idee seine toten Lieblinge in Dorfteichen zu entsorgen. Im Kölner Umland gibt es Tierfriedhöfe.
Ein Dorfteich 2022 wäre ein Gewässer mit Freizeitcharakter, dass gleichzeitig wichtige Funktionen als Flutfläche übernehmen könnte. Freilich müsste geklärt werden, wo ein solcher Weiher im Viertel überhaupt anzulegen wäre. Eine exakte Rekontruktion des Teiches am ehemaligen Standort ist wegen der dort heute bestehenen Wohnbebauung kaum möglich. Darüber hinaus fehlt der ehemalige Bachlauf als wasserliefernde Quelle. Dieser Umstand verweist einmal mehr auf den gegenwärtigen Wassermangel. In den sich häufenden Trockenperioden fehlt der Regen in vielfacher Weise. Konnte um 1900 ein Weiher noch vermeintlich bedenkenlos zugeschüttet werden, fehlen heute überall Wasserflächen zur Kühlung des Stadtklimas und als Sammelbecken für das kostbare Nass. Die Situation hat sich völlig verändert. Mittlerweile gehört Deutschland zu den Ländern mit dem höchsten Verlust an Grundwasserbeständen weltweit (Bericht Tagesschau, 15.03.2022). Ob vor diesem Hintergrund überhaupt noch mit ausreichenden Regenmengen zur Spülung der Kanäle zu rechnen ist, sei dahingestellt. Vielleicht müssen wesentliche Aspekte unserer Wasserver- und Entsorgung neu gedacht werden.
Ganz grundsätzlich hat sich das Bodenniveau des ehemaligen Teichgeländes an der Subbelrather sehr verändert. Nach Abriss des Lindweiler Hofes in den 1960er Jahren wurde das Areal zur Errichtung der heute dort (noch) stehenden Schulbauten mittels Aufschüttungen wahrscheinlich stark erhöht. So dürfte auch die heutige Böschung an der Subbelrather Straße gegenüber Einmündung Teichstraße entstanden sein. Die dortige beckenartige Geländestruktur stellt im Falle von Starkregen eine äußerst ungünstige Situation dar. Die radikalste Lösung dieses Problems läge freilich im Abriss der bereits besprochenen Schulgebäude und einer zusätzlich erfolgende Abtragung der künstlichen Aufschüttung nebst Böschung. Das verbleibende Herrenhaus des ehemaligen Lindweiler Hofes stünde dann etwas erhöht am Rand einer dort auszuhebenden Flutausgleichsfläche. Ob diese den Charakter eines ständig wasserführenden Teiches annähme, wäre zu überlegen. Vielleicht entstünde eine Art Senke mit Bäumen und Wiesen. Als Bauland für neue Schulgebäude wäre das Gelände freilich verloren. Es sei denn, man plante die neue Schule als Architektur aus Stelzen an den Ufern des neuen Gewässers. Die vorzeitlichen Pfahlbauten vom Bodensee lassen grüßen!
Kermorvan
Während ich dies alles schreibe, sitze ich nicht in Bickendorf, sondern auf der leicht erhöhten Holzterrasse eines Tiny Houses in Kermorvan, einem Weiler im äußersten Zipfel der Bretagne. Wir sind hier zu vier Personen und werden sieben Tage lang eine kompostierbare Trockentoilette benutzen. Nach jedem Toilettengang muss saugfähiges Sägemehl in den Eimer gestreut werden. Dies ist eine wassersparende, ökologisch sehr sinnvolle, jedoch etwas gewöhnungsbedürftige Maßnahme. Am frühen Morgen entleere ich nun erstmals jenen Eimer bedenklichen Inhalts im dafür vorgesehenen Kompostkasten. Etwa 50 Meter trage ich den doch erstaunlich schweren Eimer über die Wiese. Dort steht in Sichtweite zur Terrasse besagter Kompostkasten. Natürlich erwarte ich in seinem Inneren einen schauerlichen Anblick. Als ich die Klappe öffen, blicke ich lediglich auf eine Lage unberührtes Heu. Sind wir die ersten Nutzer der Anlage? Ich versenke meinen schon nach einem Tag prall gefüllten komposttierfähigen Plastikbeutel, 20 Liter Fassungsvermögen. Vielleicht hatte der Beutel ein kleines Loch, jedenfalls ist der Eimer nicht ganz trocken. Meine olphaktorische Prüfung registriert leicht beißenden Geruch. So spüle ich den Eimer vor Einzug des frischen Beutels sorgfältig mit einigen Litern Wasser aus, trockne alles gut mit Küchenkrepp ab. Ganz ohne Wasserverbrauch geht es also nicht. Das Küchenkrepp landet in der gelben Tonne, neben dem Kompost. Doch fast ist dies ein autarkes System und unsere touristischen Hinterlassenschaften werden das herkömmliche Kanalsystem des Ortes nicht belasten. Alle unsere Brauchwässer werden in der kleinen Kläranlage hinter dem Tiny House aufbereitet. Was soll ich sagen? Dass letzte der drei Klärbecken ist ein kreisrunder kleiner Teich! Ist dies eine Neuinterpretation vergangener Dorfteiche und Seuchenweiher?
Es ist hier sehr trocken, schon um 11.30 Uhr brütet eine unerträgliche Hitze über dem Land. Der gleich am Tiny House benachbarte Reitplatz wässert den staubtrockenen Sand. Der Kompostkasten steht im Schatten einer Eiche, die trotz der Gluthitze neue grüne Triebe schiebt. Ringsum wuchert üppiger Adlerfarn ohne jede Anzeichen von Trockenheit. Hier und da schießen seine Triebe aus dem trockenen Boden hervor. Inmitten des offenbar sehr wasserhaltenden Farnschungels stehen kleine Eichen und allerhand Gesträuch. Zusammen bildet dies alles ein dichtes grünes Geflecht, dass der sengenden Sonne offenbar erheblichen Widerstand leisten kann.
Der ausbleibende Regen, die wasserlose Toilette und das ebenfalls ohne Kanal auskommende Wasseraufbereitungssystem stehen in einem weiten Zusammenhang. Noch sind dies alles vereinzelte Anstrengungen, die jedoch allesamt in die gleiche ressourcensparende Richtung führen. Da wäre ich schließlich wieder beim Bickendorfer Weiher neuer Prägung, einer zweitweise gefluteten Senke, deren Ufer vielleicht von Adlerfarnen und Weidenbäumen gesäumt wird. Sieht so die zukünftige Vegetation unserer Stadt aus? Teiche und Bäume im Farn?
Köln
Die riesige Website der Stadt Köln spuckt Informationen zum Thema Starkregen sehr undifferenziert aus. Bei meinem Versuch im Netz eine Informationsbroschüre herunterzuladen scheitere ich zunächst. Trotzdem, googelt man auf der städtischen Seite zum Thema „Starkregen“, findet man zahlreiche in diese Richtung wirkende Aktivitäten und Informationsveranstaltungen. Die Stadt ist seit vielen Jahren tätig und fördert beispielsweise den Rückbau versiegelter Vorgärten.
Jede unversiegelte Fläche entlastet im Starkregenfall das Kanalsystem und verknüpft Niederschläge mit dem Grundwasserspiegel im Boden. Auch dies ist wichtig, denn ausbleibende Niederschläge haben den Grundwasserspiegel sinken lassen. Mittlerweile haben sogar große Stadtbäume partiell Probleme an ausreichend Wasser zu kommen. Der aufmerksame Blick in unsere Parks zeigt die Ergebnisse. Auf Bickendorf bezogen, sind die zu Parkplätzen umfunktionierten voll- oder teilversiegelten Vorgärten gefühlt in der Mehrheit. Trotzdem dürfte Bickendorf auf Grund seiner vielen Gärten und öffentlichen Grünflächen im Vergleich zu anderen Stadtvierteln ein verhältnismäßig gering versiegeltes Gebiet darstellen.
Während ich diese Zusammenhänge überdenke, stöbere ich weiter auf der Kölner Website herum und greife schließlich zum Telefonhörer. Amt für Stadtentwicklung, ein Versuch. Die sehr freundliche Dame weiß den Weg zum von mir gesuchten Downlowd nicht, notiert aber meine Mailadresse, mit dem Versprechen, zum gewünschten Sachverhalt zu recherchieren. Ich bin skeptisch. Ein weiteres Telefonat hinein ins Bauamt ergibt sofort den Hinweis zu den städtischen Entwässerungbetrieben, kurz STEB. Auf deren Website dauert es nur zwei Klicks bis zum Download des sehr umfänglichen Informationspaketes. Etwa eine halbe Stunde später erhalte ich tatsächlich eine Mail. Die Dame recherchierte, und auch ihr Weg führte letzlich zur STEB.
In der Zwischenzeit telefoniere ich noch mit der städtischen Stelle für Baumschutz um Informationen darüber einzuholen, auf welche Weise man Bäume zu Naturdenkmalen im Viertel deklarieren kann. Große Bäume sind im Grunde kleine Wasserwerke, oder sagen wir, es sind wasserhaltende Institutionen. Mir wird geraten, den betreffenden Baum zu fotografieren und mein Anliegen dem Amt zu senden. Es würde aber länger dauern, lautet der freundliche Hinweis.
„Grün in der Stadt verbessert das Klima in Köln. Bäume, Pflanzen und Grünflächen kühlen die sie umgebende Luft ab und reduzieren dadurch Hitzebelastungen in den Sommermonaten. Zudem reinigen Pflanzen die Luft von Schadstoffen und binden Kohlendioxid. Durch die Entsiegelung und Begrünung von Flächen wird zudem die Versickerung von Regenwasser gefördert. Dadurch wird der oberflächliche Abfluss von Regenwasser und damit die Überflutungsgefahr bei Starkregen reduziert.“ (Website der STEB KÖLN 13.07.22)
Meine Recherchen ergeben weiterhin, dass auch eine Fassadenbegrünung Teil der Maßnahmen sein kann. Wie sähe eine komplett grüne Straße aus? Efeu oder Glyzinien an meiner Hausfassade? Einmal in die Thematik eingetaucht, besteht durchaus Gefahr zur Verzettelung. Also beschließe ich, lieber wieder über mögliche Standorte für den Dorfteich nachzudenken. Köln besitz hier durchaus artverwandte Beispiele, etwa die großen Weiher in den zahlreichen Grünlagen. Um 1900 und etwas später entstanden sehr vorbildliche Ensembles. An „Hitzebelastungen in den Sommermonaten“ dürften die damaligen Planer jedoch wohl kaum gedacht haben. Eine moderne Version dieser dekorativen Parkgewässer stellt die große Wasserfläche am Mediapark da. Sie wird teilweise zu Freizeitzwecken genutzt, besitzt andererseits auch naturnah gestaltete Bereiche. In unmittelbarer Nachbarschaft zu sehr verkehrsreichen Straße lassen sich brütende Schwäne, Reiher und Kormorane auf einer mit Erlen bewachsenen Miniinsel beobachten. Hinter dieser Szene erhebt sich fast 150 Meter hoch und sehr kontrastreich der „Kölnturm“.
Was neuere Bauprojekte in Köln betrifft, blieb das Ensemble am Mediapark bisher ein Einzelbeispiel. Ob Rheinauhafen, Clouthgelände oder Butzweiler Hof, man findet dort keine Wasserflächen. Das riesige Neubaugebiet in Köln – Widdersdorf ist völlig ohne Wasserfläche konzipiert. Dass hier trotzdem sehr lebhaft Frösche quacken ist der benachbarten Golfanlage geschuldet. Auf den Bickendorfer Fokus heruntergeschraubt, läßt sich auch hier beim aktuellst fertiggestellten Bauprojekt der GAG im Zentrum Bickendorfs keine Wasserfläche finden. Der neu entstandene Hof ist eine weitgehend vegetationslose Fläche.
„Grün in der Stadt verbessert das Klima in Köln. Bäume, Pflanzen und Grünflächen kühlen die sie umgebende Luft ab und reduzieren dadurch Hitzebelastungen in den Sommermonaten.“ (Website der STEB KÖLN 13.07.22)
Dorf- oder Stadtteilteiche sind in Köln noch weitgehend unbekannte Größen. Doch sind zumindest auf dem Papier erste Schritte in eine ähnliche Richtung unternommen! Man spricht von „multifunktionalen Retentionsflächen“ und in diesem Zusammenhang von zwei Pilotprojekten „am Schützenplatz im Kölner Stadtteil Eil sowie am Platz an der Leidenhausener Straße. (Website der STEB KÖLN 13.07.22)“.
Der technisch klingende Begriff bedarf einer Erklärung: „Multifunktionale Retentionsflächen sind öffentliche Freiflächen wie z. B. Plätze, Parkflächen, Grünanlagen oder Straßen, die bei Starkregen temporär und gezielt als Speicherraum für Regenwasser genutzt werden. Dadurch wird das Überflutungsrisiko bei Starkregenereignissen minimiert und zugleich die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum verbessert. (Website der STEB KÖLN 13.07.22)“.
Fazit
Nach etwa zwei Stunden Recherche hat mein Dorfteich erst einmal Pause. Stattdessen stelle ich mir die Frage, wo in Bickendorf eine „multifunktionale Retentionsfläche“ geschaffen werden könnte. Auch überrasche ich mich selbst dabei, dass meine weiter oben gemachten Ausführungen exakt auf eine „multifunktionale Retentionsfläche“ zutreffen. Ich möchte jedoch lieber von einem zeitweise wasserführenden, teichähnlichen Landschaftselement sprechen. Mit einem solchen Gebilde besäße Bickendorf zwar noch keinen Teich wohl aber eine neue, strukturreiche Vegetationszone, die sich ihrer Bepflanzung nach erheblich von den bisherigen Parks unterschiede. Dem Charakter einer Feuchtfläche folgend, könnten dort Weiden, Schilf, Farne und Binsenrasen wachsen. Wer sich dies einmal live und in Farbe anschauen möchte, dem sei ein Spaziergang rund um Glessen empfohlen. Auch in der Nähe von Stommeln und Pulheim befinden sich aktuell schon Retentionsflächen zur Aufnahme von Flutwässern. Wichtig ist die Anmerkung, das diese Gebiete sowohl den Charakter artentreich bepflanzter Biotope, wie auch den von nüchternen Staubecken annehmen können. Zudem ist die „Retentionsfläche“ keine neue Erfindung. Lediglich im Zusammenhang wachsender Starkregengefahr könnte ihre Etablierung im inneren städtischen Raum als Novum bezeichnet werden.
Je nach Struktur eines Viertels wären unterschiedliche Ansätze zum Bau von Retentionsflächen möglich. Für Bickendorf gesprochen, ergäben sich nicht nur am Lindweiler Hof neue Möglichkeiten. Ebenso in den bestehenden Parks könnten Flutzonen oder dauerhafte Gewässer angelegt werden. Auch manche der Siedlungen verfügen über großzügige Rasenflächen von denen die ein oder andere sich als Flutzone vielleicht eignet.
Grundsätzlich wäre es sehr wünschenwert, wenn die BewohnerInnen vor Ort frühzeitig in derlei Planungen einbezogen würden. Vielfach sind es nämlich die Menschen vor Ort, denen Dringlichkeiten und Besonderheiten in der Topografie ihrer Viertel am ehesten bekannt sind. Günstig wäre es, dieses oftmals hochdifferenzierte lokale Basiswissen mit dem Fachwissen aus Stadt- Landschafts- und Verkehrsplanung zu koppeln. All dies sollte wiederum mit stadtkulturellen und stadtästhetischen Gesichtspunkten verknüpft werden. Denkmalschutz und gewachsene Historie vor Ort hätten ebenso Gewicht. All dies zusammen wäre im wahrsten Sinne des Wortes Stadtbaukunst.
Simulation des Bickendorfer Weihers am historischen Ort, Wasserstand simuliert nach Starkregen
(Bild und Simulation Tom Aust)